Das Team vom THEATER JAWOHL ist nun an mehreren Nachmittagen seinen Erinnerungen an die 70er Jahre nachgegangen. Kein einfacher Weg. Vieles ging vergessen, einiges wühlte auf, an anderes wiederum will man sich nicht erinnern und etliches dagegen ist noch sehr präsent. Es braucht für die Spielerinnen und Spieler grosses gegenseitiges Vertrauen, um in die Tiefen des eigenen Lebens hinabzusteigen.
Der Blick zurück in die 70er Jahre ist unterschiedlich, umso mehr als einige damals zwischen 14 und 24 Jahre alt waren, andere zwischen 20 und 35 oder sogar 33 und 43. Die einen erfahren ihre erste grosse Liebe, andere Hochzeit und Scheidung oder die Geburt von Kindern. Die einen suchen noch ihren Platz im Leben, andere wiederum sind teilweise angekommen, andere wollen einen neuen Weg gehen. Das Erzählen beginnt zögerlich, aber schon nach kurzer Zeit wird durcheinander geredet, weil durch die Geschichte des einen sofort auch eigene Bilder und Geschehen hochkommen. Da erfährt man, dass einer unserer Männer eine echte Sportskanone war, ein anderer die Frauen liebte. Eine Frau konnte sich aus der Kontrolle und Enge befreien, in dem sie was Verrücktes machte: Die Jägerprüfung. So tauchen Erinnerungen um Erinnerungen auf.
Festhalten der Geschichten
Alle diese Geschichten sind die Grundlage zur neuen Produktion «Ein Koffer voller Erinnerungen – 70er Jahre», die dann am 29. Februar 2020 um 19.30 Uhr im «Gänggi» Uraufführung feiern wird. Sie werden von mir jetzt dann dramaturgisch bearbeitet. Das heisst: Welche Erinnerungen können Teil des Stückes werden, in welcher Reihenfolge, in welchen Zusammenhängen, welche Gesetzmässigkeiten sollen gelten, soll das Stück auf einen Höhepunkt hin gestaltet werden oder sollen nach klaren Aspekten aneinandergereihte Szenen entstehen. Welche Verbindungselemente braucht es in diesem Fall? Eines ist jetzt schon sicher: Die Spielerinnen und Spieler werden in keine fremde Rolle schlüpfen. Sie erzählen ihre eigene Geschichte. Diese wird dann von mir zusammen mit dem Team inszeniert mit Erzählen oder Spiel, mit Musik und Bildmaterial, authentisch, aber auch stilisiert, verfremdet oder improvisiert.
Aber diese grosse Arbeit steht jetzt noch bevor. Zu diesem jetztigen Zeitpunkt bin ich noch weit davon entfernt zu wissen, wie all die Erinnerungen umgesetzt werden. Wie erwähnt: Jetzt kommt die dramaturgische Umsetzung, das Schreiben des Stückes. Dafür habe ich während unseren Erzählnachmittagen simultan die Geschichten in meinen Laptop geschrieben. Zum Glück kann ich sehr schnell schreiben. So läuft das Technische sozusagen von selbst. Anspruchsvoll ist es aber deshalb, weil ich gleichzeitig mit Kopf und Herz präsent sein muss, damit ich nachfragen kann. Vor allem auch kleine Zwischenbemerkungen, die fast untergehen, muss ich aufschnappen können. Manchmal liegt dahinter eine ganz grosse Geschichte. Nach diesen Nachmittagen bin ich knüttel fertig. Aber sehr, sehr bereichert.
Wie ist das jetzt mit Roy Black?
Aus so einer «Nebenbemerkung» kristallisierte sich folgende Geschichte: Eine Spielerin – ich nenne in diesem Blog bewusst noch keine Namen – kam so ganz nebenbei darauf, dass sie ja mit 14 Jahren in der Rudi Carrell Show vom 10. Oktober 1970 mitmachte. Mit dem Velo tourte sie über die Showbühne. Da Carrell noch jemanden beim Auftritt von Roy Black brauchte, bat er sie, sich aufs Bänkli zu setzen. So sieht man sie während des Auftritts des Stars zwischen zwei Damen. Roy Black überreichte ihr dort eine Blume! Diese kleine Sequenz möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.
Mit lieben Grüssen
Ihre Iris Minder
2 Kommentare
Hallo Iris , diese Show habe ich bestimmt am TV gesehen ! I war die Dame eine Grenchnerin?
Gruss Urs
Liebe Iris,
wie wunderbar, dass du dich nochmals an ein Erinnerungsstück wagst. Ich durfte ja beim “Insel-Stück” miterleben, was das heisst, und welch schwierige Aufgabe das ist, aus den vielen Einzelteilchen ein Ganzes zu machen. Aber das ist gerade eine deiner Begabungen. Ich zehre heute noch von all dem Erzählten und Gespielten, und kann nur allen viel Mut und Erinnerungsfreude wünschen, auch für das Schmerzliche und Widerwärtige. Sie sind halt auch ein Stück unserer Lebenswirklichkeit.
Ich freue mich jetzt schon, als “Publikum” dabei zu sein…