Iris Minder

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Der Weg zur Uraufführung

Uraufführung! Premiere! Vorstellungen! Alles klappt. Die Zuschauer sehen das Erarbeitete und können sich an dem Erreichten erfreuen. Das ist gut so. Sehr gut. Was steckt aber alles dahinter? Was passiert auf dem Weg bis dahin?

Als Beispiel nehme ich mal die nächste Gänggi-Produktion von meinem theater, JAWOHLí mit am Schluss einem sehr kurzen Schwenker zu den Freilichtspielen. Daran will ich versuchen, diesen Weg darzustellen.

Im Juni ist das JAWOHL-Team im Gänggi zusammengesessen. Dafür habe ich Kuchen gebacken, Kaffee und Mineral angeboten. Besprochen wurde ein Thema für eine neue Produktion ab 2018. Der Wunsch etwas zum Thema Gegensätze zu machen, wurde einstimmig beschlossen. Der erste Termin zur Rollenverteilung und Probenplanbereinigung wurde festgesetzt: 13. Dezember. Für mich hiess das, Ideen kreieren und Stück schreiben (was dabei passierte, habe ich vor zwei Wochen bereits geschrieben). Da das Team im Juni nur noch aus Frauen bestand, wollte ich auf die Suche nach Männern gehen. Als erster hat Hermann Herren (83), der für eine Produktion ausgesetzt hat, wieder zugesagt. Und dann hat der Zufall oder die Fügung gespielt. Beim Gemüsemarkt habe ich von einem Verkäufer vernommen, dass er Theater spielt. Sofort habe ich ihn angesprochen … und er hat zugesagt. Jetzt sind zwei Männer und fünf Frauen im Seniorenteam.

Zum Schreiben eines Stückes gehe ich meistens in Klausur. Diesmal durfte ich ins Wochenendhaus eines Freundes und konnte mir die Kosten für ein Hotel ersparen. Das fertig geschriebene Stück habe ich zwei Lektorinnen vorgelegt und es dann entsprechend überarbeitet. Das Stück bleibt jedoch nach wie vor im Kopf und geistert herum. So entstand noch eine weitere ergänzende Szene. Ein Titelblatt fürs Textbuch musste kreiert werden. Dann konnte ich alles als pdf Repro-Chapuis zum Drucken und Binden senden. Das Textbuch ist also somit erledigt! Titel: «Eine schrullige Truppe».

Das Bühnenbild: Da wir jeweils auf Tournee in der Schweiz gehen, muss es ein Bühnenbild sein, das problemlos transportiert und aufgestellt werden kann. Da ich sowieso immer reduziert arbeite, habe ich eine alte Idee wiederaufgenommen. Beim Kindertheater BLITZ hatte ich mal eine Produktion nur mit Stühlen. Deshalb wird das Bühnenbild aus nur drei Sitzgelegenheiten resp. Bänken bestehen. Frage nun, wer kann mir das herstellen und zwar so, dass es kein Vermögen kostet? Ich habe einen Spieler von mir gefragt, der Schreiner ist. Der hat sofort liebevoll zugesagt und sein Arbeitgeber (Roth-Gerüste) wird alles zur Verfügung stellen für einen symbolischen Betrag. Was habe ich doch für ein Glück!!!

Da ich als freischaffende Theaterkünstlerin auch was verdienen muss, sehe ich mich leider immer auch gezwungen, Geldgeber zu finden. Leider deshalb, weil es mir grundsätzlich lieber wäre, wenn mir meine Arbeit genügend zum Leben einbringen könnte. Leider ist das nicht möglich, weil sonst ein Eintrittspreis ins Unermessliche steigen würde. Und dann hätten wir keine Zuschauer mehr. Zum Glück gibt es jedoch Stiftungen, den Lotteriefonds und die Stadt Grenchen. Dass man eine Unterstützung nicht einfach so erhält, ist natürlich mehr als richtig. So ist ein Projektbeschrieb, ein ausführlicher Berufslebenslauf, ein Budget und ein Regiekonzept dem Gesuch beizulegen. Beim Lotteriefonds muss dies in fünf-bis achtfacher Ausführung getätigt werden. Dann heisst es warten und hoffen. Zum Glück habe ich mir durch meine bisherige Arbeit langsam einen recht guten Namen schaffen können, was meist zu wohlwollender Beantwortung meiner Anfrage führt.

Dann geht es darum, Werbung zu machen. Flyer kreieren bedeutet, ein Bild zu machen, das anspricht. Ich habe da so eine Idee. Dazu werde ich die Hilfe eines Fotoexperten brauchen. Diese Arbeit liegt jetzt dann an. Den Informationstext darauf detailliert überprüfen, damit ja nichts vergessen geht (Daten, Namen, Infos, Sponsoren, Preis, Ort usw.). Korrigieren lassen und in Druck geben. Dann versenden, auflegen lassen (was bedeutet: Spaziergang durch die Stadt, in die Geschäfte). Zur Werbung gehört auch Medienberichte zu schreiben, Journalisten einzuladen. Manchmal muss man nachhaken. Schliesslich bin ich nicht die Einzige, die Kultur macht und erwähnt werden muss. Informationen an den Webmaster geben, damit er meine Homepage à jour halten kann.

Weitere Überlegungen und Tätigkeiten: Was für Kostüme? Was offerieren wir an der Uraufführungsfeier? Wen lade ich an die Vorpremiere ein? Wenn ich weiss, was und wer, dann muss es noch erledigt werden. Und im Detail liegt ja bekanntlich der Teufel…

Dann geht es um die Probentermine. Wir hatten ja die erste Probe am 13. Dezember angesagt. Da das Textbuch bereits fertiggestellt ist, habe ich durch eine Umfrage bereits am 8. November unser erstes Treffen ansetzen können. Das heisst für mich, den Probenplan zu erstellen. Der richtet sich nach der Uraufführung. In diesem Fall findet sie am 22. März statt. Nun teile ich das Stück szenenmässig ein und verteile es nun auf verschiedene Proben bis zur Premiere. Niemand kommt vergebens zu einer Probe. Diese werden teilweise wiederholt. Immer wieder kommt eine Probe, bei der man alles Bisherige zusammennimmt. Dabei sind auch zwei ganze Wochenenden eingeplant.

So, das wären so in etwa die Vorarbeiten bis zur Uraufführung. All die unsichtbaren Tätigkeiten, die es braucht, damit eine Produktion überhaupt möglich wird. Aber die eigentliche Arbeit, das Proben, das Lebendigwerdenlassen eines Textes, die Arbeit mit den Spielenden, das gemeinsame Arbeiten liegt noch bevor. Und genau das ist die Arbeit für die ich studiert, die ich gelernt habe, die sozusagen mein Ding ist (neben Schreiben): Regie. Alles andere ist sozusagen «Zugemüse».

Beim Freilichtspiel beginnen die Vorbereitungsarbeiten für mich bereits jetzt. Für 2019! Damit ich mein neues Stück realisieren kann, muss ich wissen, wer mitspielt. Wenn ich die Leute nicht hätte, die ich brauche, müsste ich auf die Suche gehen. Das verstehen viele nicht, da 2019 ja noch so weit entfernt ist!!! Ich muss einfach die Zeit einteilen: Im Moment laufen ja konkrete Projekte wie das Erwähnte. Dann ist das Szenenspiel in Landshut (Text und Regie) und dann muss ich das November-Gänggi-Stück bereits angehen. Und nicht zu vergessen, den zweiten Band meines Romans. Deshalb plane ich schon früh für 2019. Es geht nicht anders als genau zu «timen» (oh je, diese englischen Wörter!!!)

Wahnsinn! Was habe ich für ein interessantes und spannendes Leben!

Herzlich
Ihre Iris Minder

5 Kommentare

  1. liebe Iris, da hast du dir wieder spannendes und interessantes vorgenommen. Ich freue mich auf jeden Fall auf deine neuen Produktionen und wünsche dir mit dem Ensemble viel Glück und…toi ..toi…toi… liebe Grüsse von marlene

  2. Hallo Frau Iris

    – Ihre Ausführungen habe ich mit grossem Interesse gelesen.
    – Ich bewundere ihre Phantasie, aber auch ihre Tüchtigket.
    – Vergessen sie nicht, dass alte Leute öfters schlechte Augen haben und miserables Gedächtnis.
    – Bin ganz gespannt auf unsere ganztägige Begegnung am 15.11.2017.
    – Kann ich n meinem Alter zu ihrer Tätigkeit etwas beitragen?

  3. Das Leben und Wirken einer Regisseurin, auch das wäre ein
    Titel für ein Bühnenstück oder ein Buch. Gruss Hermann
    Was ich noch sagen wollte: Dr Hermann isch de 85gi gsi!

  4. Es ist die Kleinarbeit die mich beeindruckt, das unvorhergesehene sichtbar zu machen. Der gute Name Iris Minder, auch da steckt Kleinstarbeit dahinter. Man bekommt Talente zugeteilt. Doch ohne das nötige Feingefühl entsteht wenig, schon gar kein Theater.
    Danke all jenen, die dies längst erkannt haben und unterstützen, auch finanziell.

    Ich glaube von Iris Minder kann ich noch viel lernen.
    2018 , 2019, 2020….Vielleicht kriege ich einmal Gastrecht beim Seniorentheater?

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