Iris Minder

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Im letzten Blog habe ich ein wenig in die Zukunft geschaut und gemerkt, dass man zwar positiv planen soll und trotzdem ist da diese graue Masse genannt Corona, die einem viel Lust und Freude nimmt.

Wie ich erwähnt habe, gebe ich nicht auf und zusammen mit einem grossartigen Team versuchen wir alles erdenklich Mögliche, um eine Produktion zu realisieren. Ja, in die Zukunft schauen, ist im Moment etwas schwierig … und die Kunst ganz im Augenblick zu leben … na ja, die habe ich trotz meiner 69 Jahre noch nicht ganz gelernt. Deshalb will ich mich heute nochmals auf den virtuellen Weg zurück in die Vergangenheit machen.

Es geht um peinliche Momente. Warum ich darauf komme?

Ich bin heute – mit Maske – mit einer anderen Person im Lift gefahren. Diese andere Person hatte eine duftmässig eher schwer zu ertragende Flatulenz. Es muss ja für diese Person äusserst peinlich gewesen sein … aber man tut ja so, wie wenn nichts passiert wäre!

Ich erinnere mich an viele peinliche Momente in meinem Leben. Es sind ja nicht alle gleich: Über einige kann man herzlich lachen, andere jedoch sind eher bedrückend. Ich möchte Sie an drei von vielen, sehr vielen, teilhaben lassen.

Einer war in der ersten Primarschulklasse. Wie ich schon mal erwähnte, war ich sehr lebendig, unruhig und immer etwas gelangweilt. Deshalb musste man ja besonders streng mit mir sein als Erstklasslehrerin. Einmal jedoch hätte ich dringend aufs WC gehen müssen. Es war wirklich dringend. Ich streckte den Finger hoch und erklärte, was los war. Es hiess jedoch, ich soll still sein und nicht stören. Nach einer gewissen Zeit versuchte ich es nochmals, aber bekam die gleiche Antwort. Und dann geschah das Unglück: Die Blase hielt dem Druck nicht mehr stand und ich nässte alles ein. Das gab ein Gezeter und ich musste mit nassen Unterhosen auf allen Vieren den Boden trocknen und dann so nachhause. Das war so erniedrigend und peinlich! Ja, ich weiss, das ist eine Geschichte, die weniger zum Lachen ist.

So ist auch die folgende. Ich konnte nach der 5. Klasse in die Kanti nach Luzern. Ich war eine sehr gute Schülerin, notenmässig. Aber, ich brauche eine warme und familiäre Umgebung, um mich wohl zu fühlen (bis heute!). An der Kanti jedoch hatte man keinen eigenen Platz, kein eigenes Pult, kein eigenes Schulzimmer. Man musste von einem Lehrer und seinem Zimmer zum anderen. Ich war so etwas von verloren. Ich spüre das noch heute. Ja und dann geschah es: Meine Noten waren eine echte Schande. Ich weiss es nicht mehr so genau, aber in allen Fächern hatte ich Noten von 3 und darunter. Die 6 war die Beste! Das hiess durchgeflogen und zurück in die alten Primarschulklasse. Das gehört für mich zu den peinlichsten und schwersten Momenten in meinem Leben. Ein Jahr später konnte ich das städtische Gymnasium besuchen. Klassenzimmer, eine Klassenlehrerin, die richtig mütterlich mit uns umging! Wie ich mich da gut und wohl fühlte und den Unterricht liebte! Was man dann auch an den hervorragenden Noten sehen konnte.

Jetzt aber zu einem dritten peinlichen Moment, über den man herzlich lachen kann. Ich arbeitete eine Zeitlang als Chefsekretärin vom Chefredaktor und Feuilleton bei der Zeitung DER BUND.

Das war in den 70iger Jahren. Damals hatte noch kein Journalist einen PC. Die Artikel wurden maschinengetippt und anschliessend in die Métage gebracht, wo die Fachmänner die Seiten gestalteten, klebten und dann Druckvorlagen machten. Die Setzer waren damals durchwegs gestandene Gewerkschafter, bodenständig und engagiert. Wir nahmen uns gerne gegenseitig hoch und machten Spässe. Einmal jedoch hatte ich einen Versprecher, der mich noch heute erröten lässt. Ich, als Chefsekretärin, komme mit einem Artikel des Chefredaktors nach unten und übergebe ihn einem der Setzer. Dieser Mann hatte einen riesigen Schnauz, weit über die Wangen hinaus gezwirbelt. Ich hatte mich immer darüber ein wenig lustig gemacht.

Dieses Mal sagte ich zu ihm: «Auf deinem Schwanz möchte ich auch mal gigampfen!»

Totenstille!

Und dann realisierte ich meinen Versprecher. Schnauz wollte ich sagen. Das war so peinlich, dass ich buchstäblich rückwärts die Flucht ergriff und mit dem Lift nach oben ging. Ja, diese elenden Versprecher … es soll mir aber jetzt niemand sagen, es sei ein «freudscher Versprecher» gewesen!!!

Mit einem Schmunzeln wünsche ich Ihnen eine gute Zeit!
Ihre Iris Minder

3 Kommentare

  1. Ich bekam von meinen Eltern in der ersten Klasse den Auftrag, ein Paket mit einem ausgeliehenen Gegenstand darin, einer Familie wieder zurückzu- bringen, die 3/4 Stunde weg wohnte. Ich musste das Paket mit dem Schlitten hinter mir her ziehen, es war kalt, es war schwer, es war einfach blöd. Nach 10 Minuten kam ich in ein Wäldchen, und der Entschluss war schnell gefasst: Das Paket ein paar Schritte weg von der Strasse im Schnee vergraben, dann noch einwenig schlitteln gehen und dann noch frech zu Hause melden: die Familie lässt grüssen und herzlich danken..
    Der Frühling kam, der Schnee schmolz, der Förster ging durch den Wald und brachte das Paket pflichtbewusst meinen Eltern..
    Jahrelang nicht mehr daran gedacht, durch deine Kolumne wieder neu zum Leben erweckt, und dann am Nachmittag der Enkelin erzählt, die mit grossen Augen staunte…Danke, Iris!

  2. liebe Iris, mein peinlichster Moment in Zürich, 1. Schulstunde während des Praktikums, deutsche Sprache, Thema Satzlehre: die drei Satzgegenstände (Subjekt, Prädikat, Prädikativ) den KV-Lehrlingen erklären. Ich habe mich stundenlang vorbereitet, trat selbstsicher vor die Klasse und sagte: Heute erkläre ich euch allen die drei wichtigsten Satzgegenstände: Subjekt, Prädikat und Präservativ … Kaum hatte ich dieses Wort gesagt, war mir bewusst, was ich gesagt hatte, wurde dunkelrot, wäre am liebsten unsichtbar geworden … totenstille … und dann ein unsägliches Gelächter, das nicht enden wollte … meine beiden Tutoren halfen mir aus der Patsche, lachten natürlich auch und sagten dann: Freudsche Versprecher werden euch allen das ganze Leben versüssen … jetzt aber beginnen wir die Lektion nochmals und ihr liebe Schüler, werdet euch ein Leben lang an den Begriff Prädikativ mit Schmunzeln erinnern …

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