Iris Minder

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Freundschaft!?

Wie schnell bezeichnet man doch jemanden als «Freund». Aber was ist wirklich «Freundschaft»? Was zeichnen wahre Freunde aus? Heute geht man ja generell offener miteinander um und man ist schnell beim «Du». Früher wahrte man mehr Distanz und bot das «Du» wirklich nur nahen Personen an. War das dann das Zeichen für Freundschaft?

Theaterfreundschaften

Freundschaft geht auf jeden Fall über Kollegialität hinaus. Gerade in meinem Beruf, dem Theater, da kommt man sich durch die Arbeit sehr nahe. Man öffnet sich, grosse und tiefe Emotionen spielen mit, jeder zeigt etwas von seinem Inneren, gibt etwas von sich preis. Bis Ende Produktion ist man eng zusammengewachsen, man empfindet sich als Familie, als Freunde. Dann ist die Produktion vorbei. Es schwebt noch etwas Wehmut herum, das Gefühl von Verlust … und dann ist fertig. Alle gehen wieder ihre Wege, neue Ziele, neue Projekte. Ganz, ganz schwierige Momente, auch für mich. Sich mit professioneller Distanz schützen, fällt mir während der Produktion schwer. Auch ich zeige Teile meiner Seele, bin emotional engagiert und gebe einiges von mir preis. Sind das Zeichen von Freundschaft? Oder darf man nicht der Illusion verfallen, dass diese projektbezogene Tiefe, Nähe und Liebe im Schaffen etwas mit Freundschaft im Alltagsleben zu tun hat. Aber gibt es so was wie eine «temporäre Freundschaft», die vorbei ist, wenn die Produktion vorbei ist? Oder ist es ganz einfach eine schöne Kollegialität, die mit dem Ende der gemeinsamen Arbeit auch zu Ende geht?

Wann spricht man von Freundschaft? Gibt es eine klare Linie zwischen Kollegin oder Freundin? Da gibt es Freunde, die zusammen Pferde stehlen oder man spricht von Busenfreuden, der besten Freundin, Freundschaften, in denen man durch dick und dünn geht? Gibt es das? Oder sind es vor allem romantische Romanideen? Mit Freundschaft meine ich übrigens nicht Partnerschaften oder Ehen (auch wenn dort sicher vieles, was Freundschaft bedeutet, die Grundlage sein sollte).

Was Freundschaft nicht ist

    • Etwas Einseitiges: alles geht nur von einer Person aus. Gutes, Schlechtes, Kritik am andern, Engagement. Du bist für das andere da, hörst es ab. Aber, wenn du die Freundschaft brauchst, ist gerade keine Zeit.
    • Eifersucht, Neid auf das, was das andere hat, macht, ist oder erreicht.
    • Das Gegenteil: das andere auf einen Sockel stellen und anhimmeln. Das andere einfach gewähren lassen ohne den Spiegel vorzusetzen.
    • Es ist auch keine Freundschaft, wenn man eine Beziehung nur pflegt um für sich zu profitieren, um sich im Licht des anderen zu sonnen oder den andern auszunützen.
    • Es ist auch keine Freundschaft, wenn das eine sich über das andere erhebt und sich selber in den Vordergrund stellt.
    • Selbstverständlich ist auch in einer Freundschaft nichts. Weder die Zeit, die man sich füreinander nimmt. Weder das, was man für das andere tut. Weder das, was man sich bedeutet. Weder die Pflege des Seelenheils.
    • Freundschaft bedeutet auch nicht, dauernd aneinander zu kleben, sich dauernd über alles und jedes auszutauschen.
    • Es ist auch keine Freundschaft, wenn im Vertrauen Gesagtes hinausgetragen, andern getratscht oder gegen den Freund verwendet wird.
    • Es ist keine Freundschaft, wenn man das andere im Stich lässt. Wenn man sich nicht für das andere einsetzt. Stichwort: Zivilcourage.
    • Echte Freundschaft scheint mir auch nicht etwas Befristetes, Vorübergehendes zu sein. Ist es etwas Gewachsenes?

Was aber ist jetzt Freundschaft?

Es gibt eine Unmenge von gescheiten Definitionen, Sinnsprüchen und Definitionen zu diesem Thema.

Es würde mich aber riesig freuen, wenn Sie als Kommentar Freundschaft definieren würden. Ihre ganz persönlichen Erfahrungen von wahrer Freundschaft.

Herzlich Ihre
Iris Minder

14 Kommentare

  1. Es gibt eine fantastische Definition, die ich bereits im Alter von 13 Jahren gelesen habe und die ich auch heute noch gebrauche: Freundschaft ist die Blüte eines Augenblicks und die Frucht der Zeit! Leider kenne ich den Ursprung dieser wahren Definition nicht. Liebe Iris, für uns beide gilt dieser Sinnspruch auf jeden Fall: Aus der kleinen unscheinbaren Blüte vor Jahrzehnten hat sich eine stets wachsende wunderbare Jumbofrucht entwickelt …

    1. Danke, Mariann. Wenn ich das so verstehe, dann gibt es einen Moment – so wie Timo ihn beschreibt -, das erste Gefühl von gleicher Wellenlänge aus der dann eine Freundschaft wachsen kann.

    2. Danke, Mariann. Ich denke so ist es. Spannend ist, dass Timo und Franziska es in anderen Worten fast gleich beschreiben. Es gibt da ein Moment, in dem man merkt, dass jemand uns berührt … und aus diesem Moment kann eine Freundschaft entstehen und gedeihen.

  2. Aus dem Brief meiner Freundin zum 50 Jahr Freundinnen- sein: “Das Buch über Freundschaften von Verena Kast werde ich nicht lesen, denn wir haben Freundschaft gelebt und nicht definiert”…
    Aber über deine Definition, liebe Iris, denke ich trotzdem nach. Danke!

    1. Danke, Gertrud. Sicher, Freundschaft muss man leben. Da bin ich völlig einverstanden. Trotzdem muss es da ja einen Unterschied geben zwischen “guten Kollegen” und “Freunden”. Wenn du beispielsweise jemandem sagst: “Wir sind nicht Freunde” … dann muss es ja Unterscheidungsmerkmale, resp. Definitionen geben.

  3. Gelebte Freundschaft ist die ewig blühende Blume in unserem Leben.

    Liebe Iris, danke für deine wertvollen Gedanken über die Freundschaft.
    Ich freue mich immer auf deine Newsletter und lese diese mit mit grossem Interessen.
    Herzlich
    Helene

    Aller Reichtum der Welt kann den guten, wahren Freund nicht ersetzen.

    1. Guten Morgen Iris……
      ich denke, Freundschaft ist etwas, das zwischen Seelenverwandten schnell wächst und bestehen bleibt, unabhängig wie oft man sich sieht. Sie ist – sie bleibt.

      Ganz im Gegensatz zu Freundschaften die schnell wachsen, verblassen und vergehen.
      Liebgruss

      1. Danke, Franziska. Da stimme ich dir voll und ganz zu. Seelenverwandtschaft, auf der gleichen Wellenlänge sein … eigentlich so wie Mariann es in ihrem Kommentar beschreibt.

  4. Ich denke Freundschaft ist nicht unbedingt etwas wo wachsen muss, es kann auch einfach so passieren “Freundschaft auf den ersten Blick” 🙂
    Es gibt Leute, mit denen fühlt man sich einfach gut, man merkt es passt und ist gerne um Sie herum. Es ist von Anfang an Achtung und Respekt für diese Menschen da und man macht sich keine Gedanken, was man sagen soll oder darf. Das ist für mich Freundschaft.

    1. Danke, Timo. Diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Man kann sagen Seelenverwandtschaft, oder auf der gleichen Wellenlänge sein. Schön und immer wieder überraschend, dass es das gibt.

  5. Liebes Iris,
    Danke für Deine Newsletter die ich immer gerne lese.
    Echte Freundschaft ist für mich immer mit einem Gefühl von Liebe verbunden.So nimmt man sich auch gerne Zeit ,wenn man gebraucht wird.Solche Freundschaften sind im Leben eine große Bereicherung!
    Herzlichst von Erika

    1. Hallo Timo,
      stimmt Timo – ganz Deiner Ansicht! Es gibt Freundschaften auf den ersten Blick, wenn Sie halten sind sie eine grosse Bereicherung.

  6. Liebe Iris, wieder ein guter Beitrag von dir. Freundschaft und gute Freunde habe ich erlebt und
    wenes isch drufab cho, het me gspürt was Fründschaft isch. Mit dem Alter werden halt, das ist
    der Lauf der Zeit, die guten Freunde immer “rarer”. So bin ich froh und dankbar beim Theater
    Freunde gefunden zu haben, auch wenn diese Freundschaften meist nur auf Zeit bestimmt sind.
    E liebe Gruess Hermann

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